Wer zu einer Demo geht und erwartet, hier nur Lobesreden zu hören, hat etwas Grundlegendes nicht verstanden
Im Nachgang der Demonstration gegen Rechts am vergangenen Freitag wurde vor allem von einigen Vertreter*innen der Ratsfraktionen beklagt, einige Redebeiträge seien zu kritisch gegenüber der Ampel-Koalition oder dem Parteivorsitzenden der CDU gewesen. Dazu kommentiert Jenna Inhoff, Mitglied im Kreisvorstand der Linken in Münster:
„Spätestens mit der Correctiv-Recherche über die Deportationspläne der AfD wurde vielen klar: Der gesellschaftliche Rechtsruck hat bedrohliche Auswirkungen angenommen. Er bedroht Leib, Leben und Würde viele unserer Mitmenschen. Umso bedauerlicher ist es, dass einige Vertreter*innen der hiesigen Parteien es nicht annehmen können, wenn sich Kritik gegen genau diesen Rechtsruck auftut. Kaum nachvollziehbar ist auch, dass es seitens der FDP als ‚Katastrophe‘ (Berens, FDP) dargestellt wird, dass die hauptsächlich mittig bis ganz linken Gruppen, die die Demos gegen Rechtsextremismus und Faschismus seit Jahren organisieren und finanzieren, bei einer kurzfristig angemeldeten Demo vorrangig Redeslots bekommen.“
Inhoff weiter: „Die zunehmende Bereitschaft, sich zum Antifaschismus zu bekennen, erfreut uns überaus. Dennoch erscheint es äußerst fragwürdig, aus solchen Positionen heraus den Vorwurf zu erheben, es bedürfe künftig einer besseren Organisation, ‚damit Extremisten sich dort nicht in Szene setzen können‘ (Weber, CDU). Berechtigte Kritik wie jene von Kindler als ’schändliche[] Äußerungen‘ (Weber, CDU), als ‚Hass und Hetze‘ (Leserbrief ‚Demo gegen die AfD‘, WN, 23.01.24) zu bezeichnen und damit zu delegitimieren, anstatt sich inhaltlich mit dieser zu befassen, untergräbt eben diese demokratischen Werte, die noch kurz zuvor verteidigt wurden. Es reicht nicht aus, diese stets zu betonen, wenn dem keine aktive Umsetzung folgt.“
Inhoff abschließend: „Wer zu einer Demo geht und erwartet, hier nur Lobesreden zu hören, hat etwas Grundlegendes an ihrer Idee nicht verstanden. Auch wenn natürlich auf einer so erfreulich großen Demo unterschiedliche Meinungen vertreten sind, kann und muss es möglich sein, hier auch die Ursachen des gesellschaftlichen Rechtsrucks zu diskutieren, die sicherlich nicht nur bei der AfD zu suchen sind. Schon ein Blick in die Geschichte zeigt, wie notwendig es gerade jetzt ist, in den Diskurs zu gehen und dabei auch unbequeme Kritik entgegenzunehmen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Dinge, für die wir uns am Freitag gemeinsam ausgesprochen haben – Antifaschismus, Solidarität, Gleichheit – keine leeren Versprechen bleiben, sondern umgesetzt werden können.“