12. Dezember 2024

Rede zum Haushalt 2025: „(K)Ein Haushalt für alle? Für eine Stadtpolitik, die Menschen statt Prestigeobjekte in den Mittelpunkt stellt.“

Katharina Geuking (Fraktionssprecherin Die Linke Ratsfraktion Münster)
Mittwoch, den 11. Dezember 2024

– Es gilt das gesprochene Wort! –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

heute sprechen wir über den Haushalt 2025 – oder wie man ihn nennen könnte: Den großen Balanceakt zwischen „Wir wollen sozial und ökologisch aussehen“ und „Wir kürzen trotzdem“. Dabei ist es durchaus beeindruckend, wie die regierende Koalition aus Grünen, SPD, Volt und neuerdings der FDP einige der drastischsten Kürzungen aus der Kämmerei entschärft hat. Fast könnte man ihnen dafür applaudieren – wenn das Ergebnis nicht trotzdem ein Kürzungshaushalt wäre, der an den falschen Stellen spart. Gekürzt wird beispielsweise am Personal in der Verwaltung. Bereits jetzt fehlen in vielen Bereichen die Kapazitäten, um die immer mehr und komplexer werdenden Aufgaben zu bewältigen. Das lehnen wir als Linke deutlich ab. Neues Geld holt man sich dann noch unter anderem ausgerechnet von der Wohn- und Stadtbau, die Gewinne abführen soll. Dabei wissen wir alle: Der größte Engpass in Münster ist der bezahlbare Wohnraum. Man könnte fast meinen, die Koalition sagt: „Wir wissen, dass der Wald lichterloh brennt – aber wir sparen jetzt trotzdem an den Feuerwehrschläuchen.“

Doch wo gespart wird, wird auch manchmal investiert – allerdings in die falschen Projekte. Zum Beispiel in einen so absurd teuren Bahnhofstunnel, dass dies sogar den Bund der Steuerzahler auf den Plan rief. Dazu darf man der Koalition schon mal applaudieren. Der Musik-Campus, pardon, das „urbane Musikquartier“, dreht die drölfzigste Pirouette – fast schon ein Perpetuum Mobile. Jahre der Planlosigkeit und der Diskussionen haben zu keinem greifbaren Ergebnis geführt, und dennoch wird das Projekt weiter am Leben gehalten. Währenddessen stehen die Musikschule und das Sinfonieorchester weiterhin im Wartestand, ohne klare Perspektive und vor allem ohne adäquate Räumlichkeiten.
Statt endlich eine Lösung zu präsentieren, mit der die Kulturszene in Münster tatsächlich gestärkt wird, schieben sich die Koalition und Universität gegenseitig die Verantwortung zu. Gleichzeitig versuchen Stadtspitze und Stadtverwaltung, mit immer neuen „Strategiewechseln“ das Projekt auf Teufel komm raus zu retten, als wäre der Musik-Campus ein Kunststück im Jonglieren. Es wäre an der Zeit, die Realität anzuerkennen und die vorhandenen Mittel sinnvoll einzusetzen – nämlich für die Sanierung und den Ausbau der bestehenden Kulturangebote in unserer Stadt. Die Menschen, die hier in der Musikschule lernen oder im Sinfonieorchester spielen, brauchen endlich Räume, statt weiter mit irgendwelchen Wolkenkuckucksheimen hingehalten zu werden.

Man muss aber bei der ganzen genannten Kritik auch fair bleiben: Die Koalition steht nicht allein in der Verantwortung. Kommunalpolitik gleicht aktuell, wenn wir auf die Finanzen schauen, einer schlechten Partie „Jenga“ – Bund und Land ziehen nach und nach die Bausteine heraus, während die Kommunen versuchen, den Turm irgendwie noch zusammenzuhalten. Und wenn dann irgendwann mal alles einstürzt, tun die oberen Ebenen überrascht. Die finanzielle Lage der Kommunen in Deutschland ist nicht nur angespannt – sie ist dramatisch. Während die Städte und Gemeinden immer mehr Aufgaben übernehmen müssen (bspw. Kindertagesbetreuung und kommunale Wärmeplanung), bleibt die Finanzierung durch Bund und Länder weit hinter den tatsächlichen Bedarfen zurück. Der Deutsche Städtetag geht davon aus, dass das kommunale Defizit in diesem Jahr bei fast 14 Milliarden Euro liegen wird – der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Die Lasten bleiben aber auf den Schultern der Kommunen. Dabei sind es gerade die Städte und Gemeinden, die als „Feuerwehr“ der Gesellschaft fungieren: Sie kümmern sich um soziale Belange, Bildungsangebote, Infrastruktur und auch um den Klimaschutz. Es ist Zeit, dass sich Bund und Land ihrer Verantwortung stellen. Aufgaben wie die kommunale Wärmeplanung oder die Bildung sind keine „freiwilligen Leistungen“, sondern gesellschaftliche Notwendigkeiten. Und wenn sie den Kommunen übertragen werden, dann müssen auch die Mittel dafür bereitgestellt werden. Alles andere ist nicht nur ungerecht – es ist unverantwortlich.

Wir können die Unterfinanzierung auf kommunaler Ebene nicht vollständig lösen, aber wir können sie zumindest abfedern. Mit einer Anhebung des Hebesatzes bei der Gewerbesteuer um 30 Punkte könnten wir in Münster jährlich zusätzliche 23 Millionen Euro generieren. Die Linke hat Jenga hier offensichtlich besser verstanden als alle anderen Parteien. In Bonn wurde unter Beteiligung der Linken der Hebesatz auf 537 Punkte angehoben – und die befürchtete Abwanderung von Unternehmen ist ausgeblieben. Statt also zu kürzen, sollten wir in Münster endlich den Mut aufbringen, die Einnahmeseite zu stärken. Daher schlagen wir erneut vor, dies endlich zu tun. Steter Tropfen höhlt den Stein, vielleicht sehen Sie es ja irgendwann endlich mal ein.

Eines unserer Herzstücke war in den letzten zwei Jahren der Antrag zum Sozialenergiefonds. Der Fonds war ein großer Erfolg. Allein 2023 konnten über 380 Haushalte unterstützt und Energiesperren verhindert werden. Unser Antrag sieht vor, den Fonds weiterzuführen und 2025 mit 350.000 Euro auszustatten, um einkommensschwachen Haushalten weiterhin unbürokratisch Unterstützung bei der Begleichung von Energiekosten zu ermöglichen.

Der Fachkräftemangel ist eine große Herausforderung und wenn in den Fachausschüssen darüber geredet wurde, sah man oft nur in ratlose Gesichter. Wir plädieren dafür, neben der dringend erforderlichen Anhebung der Löhne ein neues Modell auszuprobieren. Fachkräfte sollen durch Prämien und bezahlbaren Wohnraum nach Münster gelockt und langfristig gebunden werden. Coerde ist der ideale Ausgangspunkt für dieses Modell. Die Not ist dort am größten. Wenn wir hier erfolgreich sind, kann das Konzept auch auf andere Stadtteile ausgeweitet werden.

Kommen wir zum Fazit: Dieser Haushalt ist leider ein Weiterso einer politischen Praxis, die sich gerne mit großen Worten schmückt, aber bei der Umsetzung und den Taten zu wünschen übriglässt. Wo sind die echten, nachhaltigen Investitionen in den sozialen Bereich, in den Klimaschutz, in die Verkehrswende? Der ÖPNV wird eher schlechter als besser, der Wohnraum immer teurer und die Klimaneutralität ist in weite Ferne gerückt. Über eine autofreie Innenstadt redet kaum noch jemand. Dieser Haushalt bietet keine ausreichende Perspektive, deshalb werden wir nicht zustimmen. Aber wir werden als Linke weiterkämpfen – für eine Stadt, die sich nicht Prestigeobjekte für die Wohlhabenden baut, sondern die das Leben der Menschen verbessert.

Vielen Dank.