Hamburger Tunnel: Gentrifizierung im grünen Gewand
Zum Entwurf zur „Aufwertung“ des Hamburger Tunnels erklärt Jenna Inhoff, Mitglied im Kreisvorstand der Linken in Münster:
„Der „Grüne Weg“ durch den Hamburger Tunnel ist ein Sinnbild des unsozialen Grünen Kapitalismus und ein weiterer Baustein der „Denstorffizierung“ von Münsters Innenstadt. Das Projekt zeigt erneut, was kapitalistische Stadtaufwertung heißt: Ausgrenzung von Menschen, die nicht ins Bild einer schicken, profitablen Stadt passen – etwa Wohnungslose, Jugendliche oder Substanzkonsumierende. Der Einsatz von Licht- und Toneffekten tarnt sich zwar als nette Idee, um Passant*innen ein kurzes Spektakel zu bieten, entspringt aber einem simplen Griff in die Trickkiste der Gentrifizierung. Statt auf ernsthafte Lösungen wird auf kosmetische Eingriffe gesetzt, um Armut und Not durch menschenfeindliche Architektur aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verbannen. Die Bedürfnisse der Menschen, die die Stadt beleben und bereichern, aber unter jahrelanger unsozialer Politik leiden, bleiben wieder einmal unberücksichtigt. Stattdessen wird ein Prozess befeuert, der einen vielfältigen Stadtteil zu einem Ort überteuerter Immobilien und des Kommerzes verkommen lässt und Anwohner*innen aus ihrem Lebensumfeld verdrängt.
Hier wird mit öffentlichen Mitteln zur Verschärfung ohnehin bestehender Probleme wie steigende Mieten und Ungleichheit beigetragen.“
Ulrich Thoden, Fraktionssprecher der Linken im Rat der Stadt Münster, erklärt weiter: „Diese soziale Verantwortungslosigkeit ist angesichts der Beteiligung der ISG Bahnhofsviertel am Auswahlverfahren wenig überraschend. Diese drängt seit Jahren auf Projekte, die die Ertragskraft des Viertels für Eigentümer*innen und Investor*innen, deren Interessen sie vertritt, steigern. Der vorliegende Entwurf entspricht den Ansätzen, die auch die Broschüren der ISG vorschlagen – ausgerichtet auf Rendite- und Mietsteigerungen, die zwangsläufig mit Verdrängung einhergehen. Die Beteiligung der ISG zeigt, wie stark die Stadtentwicklung den Interessen der Reichen unterworfen ist, die denen der Bewohner*innen direkt zuwiderlaufen.
Wir fordern alle Ratsmitglieder auf, die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt ihrer Politik zu stellen und dieses Vorhaben daher nicht zu unterstützen. Statt Gelder für menschenfeindliche Architektur zu verschwenden, sollte unser Ziel sein, Probleme an der Wurzel zu lösen.
Natürlich ist auch Die Linke der Meinung, dass der Hamburger Tunnel nicht so bleiben kann, wie er jetzt ist. Wir wollen eine schlichte, funktionale Lösung und einen helleren Tunnel, der von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen wieder gerne genutzt wird und dessen Sanierung die Option für einen möglichen Zugang zu den Bahngleisen ermöglicht. Dadurch ließen sich die jetzt von Stadtbaurat Robin Denstorff vorgesehenen Umbaukosten von 3,6 Mio. € erheblich reduzieren. Die eingesparten Mittel könnten dann weitaus sinnvoller in den dringend nötigen Ausbau der sozialen Infrastruktur wie die Schaffung von günstigem Wohnraum und öffentlicher Toiletten oder in die Förderung von Hilfsangeboten fließen.
Der Rat hat die Wahl: Soll Münster eine Stadt für alle oder eine ertragreiche Spielwiese für Investor*innen sein?“